Dienstag, 21. April 2020

Die letzte Sitzung mit einer Überraschung

Recht turbulent zu ging es teilweise beim zweiten (und letzten) sog. "Ferienauschuss" am heutigen Dienstag, 21. April.

Molls Forderung rechtlich unzulässig


Es wird auch weiterhin keine mediale Dokumentation von Stadtratssitzungen per Livestream geben, wie Herr Moll beantragt hat.
Die Einrichtung einer Mediathek zur Konservierung von Video-Aufzeichnungen ist rechtlich unzulässig. Und der Sinn eines Livestreams, der ja gleichzeitig zur Sitzung laufen würde, hat sich nicht so recht erschlossen. Ein gemütliches Anschauen der Stadtratssitzungen am Wochenende vom Sofa aus war also gar nicht im Angebot.

Damit sich interessierte Bürger*innen dennoch umfassend informieren können, wenn sie nicht selbst zur Sitzung kommen können, hat Sabine Geißler angeregt, künftig auch die Anlagen zu den Beschlussvorlagen im Ratsinformationssystem zu hinterlegen. Der Vorschlag wird wohl umgesetzt werden.

Gute Nachrichten für Kulturschaffende:

Muss ein von der Stadt bereits bezuschusstes Projekt Corona-bedingt abgesagt werden, so wird die gewährte Zuwendung nicht automatisch vollständig zurückgefordert. Viele Ausgaben werden ja schon lange vor einem Projekt getätigt

Hier aber die wohl beste Nachricht des Tages:

Der 10-Minutentakt kommt, 19 Busfahrer behalten ihren Job


Der 10-Minutentakt auf drei Buslinien (720, 722, 726) ab Dezember wird nicht verschoben. So sehr der Kämmerer, der Oberbürgermeister, die Vertreter von SPD und FDP auch vor einem finanziellen Disaster für die Stadt aufgrund der Steuermindereinnahmen wegen Corona warnten, fand sich doch eine überraschende Mehrheit von 9:6 Stimmen, die für die Umsetzung jetzt "trotz Corona" stimmten. Die Stimmen kamen von den Grünen, dem Bündnis für Dachau, und etwas unerwartet von der ÜB und - der CSU.

Klar, der 10-Minutentakt bedeutet Mehrkosten für die Stadt von ca. 1,2 Millionen Euro im Jahr. Auch unsere Fraktion hat lange diskutiert, ob das zu verantworten ist, weil ja noch keiner weiß, wie stark und wie lange die zu erwartende Rezession ausfallen wird. Letztendlich sagen wir aber ja, denn:

Wir dürfen wegen Corona nicht alle anderen Probleme und dringenden Handlungsfelder vergessen: Der Beschluss für den 10- Minutentakt ist in Zeiten des Klimawandels einstimmig gefasst worden, weil wir dringend unsere Straßen vom MIV (motorisierten Individualverkehr) entlasten müssen. Das geht nur durch einen attraktiven ÖPNV und einen starken Umweltverbund. Wir brauchen die Verkehrswende jetzt. Und der 10-Minutentakt bringt laut Prognosen aus der Verkehrsplanung bis zu 30% zum Umstieg auf den ÖPNV.

Für viele städebaulichen Projekte ist außerdem ein Verkehrskonzept mit gestärktem ÖPNV Voraussetzung: Augustenfeld Nord, MD Gelände, Eishalle, Ausbau S-Bahnhof, auch das neue Landratsamt … - auch wenn wohl einige dieser Projekte momentan keine Aussicht auf schnelle Realisierung haben werden.
Der 10-Minutentakt ist somit nicht nur zentraler Baustein der weiteren verkehrlichen Entwicklung Dachaus; es wäre absolut fatal, seine Einführung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Das hieße wirklich Sparen an der falschen Stelle. Es wäre ein Rückschritt um viele Jahre.

Dank des heutigen Beschlusses können auch 19 bereits neu eingestellte Busfahrer ihren Job behalten und müssen nicht wieder gekündigt werden.

Thomas Kreß von den Grünen verwies auch auf die Fördergelder und Zuschüsse, die jetzt zugesagt sind - und die es dann später vielleicht nicht mehr geben wird.

Das Bündnis für Dachau hat außerdem angeregt, die Finanzierung des ÖPNV zu überdenken. Eine Idee dazu haben wir schon ….

Positiv ist übrigens, dass der Landkreis bei seiner Zusage einer 40% Beteiligung an der Finanzierung des Busverkehrs bleibt. Und auch am 365 Euro-Ticket festhalten will. Lobenswert!



Sabine Geißler

Fraktionsvorsitzende

Bündnis Antrag: Rad- und Fußverkehr erleichtern während der Corona Krise

Die Krise offenbart uns jeden Tag, dass das "Normale" des auf dem Ruder gelaufenen und überbordenden Autoverkehr eben schlicht "Absurd" ist.

Derzeit erleben wir durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona Krise eine deutliche Abnahme des Autoverkehrs. Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass mehr Bürger*innen das Fahrrad nutzen und zu Fuß unterwegs sind. Sowohl in der Freizeit als auch für die notwendigen täglichen Erledigungen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales rät ausdrücklich: "Wenn Sie können, dann nehmen Sie das Rad zu Arbeit: Die Ansteckungsgefahr ist sehr gering und Bewegung an der frischen Luft hält fit. Und: Es schafft mehr Platz & Sicherheit für diejenigen, die auf Bahn/Bus angewiesen sind, um zur Arbeit zu gelangen".



Darum hat das Bündnis für Dachau einen Antrag gestellt, mit verschiedenen Maßnahmen den Straßenraum für Radfahrer größer zu machen.

Bündnis Antrag: Ad-Hoc Verkehrs-Maßnahmen während der Corona Krise

  • Wir wollen, dass wichtige Rad-Netzverbindungen als Fahrradstraßen ausgewiesen werden.
  • Die durch das Radkonzept beschlossenen Radfahrstreifen sollen durch provisorischen Markierungen schnell, zeitnah und günstig umgesetzt werden.
  • Ampelschaltungen sollen auf die Belange von Fußgängern umgestellt werden. Grünphasen ohne Tastendruck und Wartezeit bei den "Bettelampeln".
Mit dem Antrag ist Dachau in hervorragender Gesellschaft.
Weltweit gestalten Städte derzeit den Straßenraum um. Viele Politiker*Innen erkennen eben dass es "Normal" ist, Verkehr für nicht-motorierte Bürger*Inenn zu gestalten.

Und genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt den Straßenraum neu und gerecht aufzuteilen. Das neue "Normal" ist die Gleichberechtigung der schwächeren Verkehrsteilnehmer.

Einige Beispiele:

  • Berlin baut sukzessive durch provisorische Absperrungen und Markierungen Fahrradweg entlang von Hauptstraße aus.Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: „Mit den temporären Radwegen schaffen wir in der Corona-Krise mehr Platz für den Radverkehr. So erreichen wir mehr Sicherheit für die Radfahrenden, auch weil die Abstandsregeln auf Radwegen besser eingehalten werden können. Es werden vor allem dort temporäre Radwege markiert, wo bereits dauerhafte Radwege geplant sind.“
Protected Bike Lane - Berlin (Quelle: Senat für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz)
  • In Mailand wird als Reaktion auf die Coronavirus-Krise eines der ehrgeizigsten Vorhaben Europas zur Umverteilung des Straßenraums vom Auto auf das Fahrrad und zu Fuß eingeführt. Der Plan "Strade Aperte" umfasst kostengünstige provisorische Radwege, neue und verbreiterte Bürgersteige, Geschwindigkeitsbegrenzungen von 30 km/h und Straßen mit Vorrang für Fußgänger und Radfahrer.
Mailand - Strade Aperte (Corso Buenos Aires) Quelle: The Guardian

  • In Großbritannien begann Brighton am Montag damit, einen Teil der Strandpromenade, den Madeira Drive, nur für Fußgänger und Radfahrer von 8.00 bis 20.00 Uhr zu öffnen.
  • In Barnes, London, haben Unternehmen und Anwohner einen Teil der Straße vor den Einkaufsläden abgeriegelt, um die Fußgängerzone zu erweitern und den Käufern zu helfen, Abstand voneinander zu halten.
  • In Irland hat Dublin durch mobile Abtrennungen Parkplätze gesperrt, um den Raum für soziale Distanzierung vergrößern.
  • Philadelphia reagierte auf eine Petition. Ein großer Straßenabschnitt von 4,4 Meilen wurde für Kraftfahrzeuge gesperrt. 
  • Mexiko-City schlug Pläne für eine 80 Meilen lange temporäre Fahrradinfrastruktur vor, um die Risiken der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu mindern um die Mobilität von mehr als 21 Millionen Menschen zu erleichtern.
  • New York City hat sich verpflichtet, In Manhattan und Brooklyn geschützte Radwege zu errichten und Sperrungen für Autos zu testen.

  • Oakland, Minneapolis, Denver, Louisville, Vancouver und Calgary haben ähnliche Maßnahmen umgesetzt.

Darum, lasst uns die Gelegenheit nutzen und den Straßenraum gerechter verteilen.

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