Bündnis für Dachau lud zum 3. Themenabend
Kontroverse
Diskussionen zum Gedenkort „Plantage”
„Gedenkort ,Plantage‘ – wie geht es weiter mit dem ,Kräutergarten‘ östlich der Alten Römerstraße?“ eingeladen. Neben den ReferentInnen – darunter auch die Leiterin der KZ-Gedenkstätte-Dachau – kamen über 60 Interessierte, so auch die Stellvertreterin des Landrats, Marianne Klaffki.
Alles begann schon morgens, als
Prof. Hönle, Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft zur Erfassung der
Dachauer Zeitgeschichte e.V.“, 21 Roll-Up-Aufsteller der Ausstellung
„Kräutergarten“ anlieferte und im Erchana-Saal des Thoma-Hauses für den Abend
installierte.
Als abends um 19.30 Uhr die Veranstaltung vom
Bündnis-Sprecher, Mike Berwanger, eröffnet wurde, war der Saal mit über 60
Gästen gut besetzt. Das Bündnis für Dachau hatte vier ReferentInnen zum Thema
eingeladen. In gewohnt professionell-charmanter Weise führte Margot
Heinze-Ehrlich,
Vorstand des Bündnis’, die Moderation des Abends.
Vorstand des Bündnis’, die Moderation des Abends.
Die „Plantage“ während der NS-Zeit
Bild: KZ-Gedenkstätte Dachau |
Als erste Referentin richtete Monika Lücking (Arbeitsgemeinschaft zur Erfassung der Dachauer
Zeitgeschichte) den Blick auf die Entstehung der „Plantage“ während der NS-Zeit
und die damit verbundenen Greueltaten der SS. Ein besonderes Augenmerk legte
sie dabei auf die inhaftierten Priester.
Die Anlage in der Nachkriegszeit
Bild: KZ-Gedenkstätte Dachau |
Über den Fortgang des „Kräutergartens“ nach dem Krieg
konnten gleich zwei Referenten berichten: Dass die Leiterin der
KZ-Gedenkstätte, Dr. Gabriele Hammermann, und ihr wissenschaft-licher
Mitarbeiter, Dr. Dirk Riedel, Zeit gefunden hatten an diesem Abend ihr Wissen
zu präsentieren, erwies sich als stärkster Teil des Abends. Bild- und Wortreich
wusste Dirk Riedel von den diversen Um- und Neuwidmungen des Geländes in den
Jahren 1945 bis heute zu referieren. Nicht nur Dachau hat Probleme mit peripheren
Anlagen abseits der Gedenkstätten, sondern auch andere ehemaligen KZ-Standorte
wie z. B. Sachsenhausen oder Ravensbrück. Zum Umgang mit historischen Bauten in
Gedenkstätten hatte 2013 in Dachau ein Expertensymposium stattgefunden, das
sich erschöpfend diesem Thema gewidmet hatte. Gabriele Hammermann bezog dazu
Stellung und stellte den soeben erschienen Tagungsband „Sanierung – Rekonstruktion
– Neugestaltung“ vor, der beim Wallstein-Verlag zu beziehen ist.
Modelle zum Erhalt
Die Referate schloss der freie Architekt Axel Feiereisen ab mit
seinen Vorstellungen, wie man die Reste der Gewächshäuser vor dem endgültigen
Verfall schützen könnte. Er war 2011 vom Stadtrat beauftragt worden,
Möglichkeiten einer vorübergehenden und günstigen Schutzkonstruktion zu finden.
So zeigte er 3D-Simulationen zu Überdachungs-konstruktionen, Rekonstruktionen
und Anlagengestaltungen. Die bildwuchtigen Ideen wurden viel bestaunt an diesem
Abend.
Nach einer heftigen Diskussion, die von „Internationaler
Gartenpflanzung“ bis zum Vorwurf reichten, die Stadt würde mit der
Unterbringung von Obdachlosen Geld zum Fenster hinauswerfen, waren sich die
Beteiligten Entscheidungsträger zumindest soweit einig, dass bald etwas
geschehen müsste. Und eines wurde auch gleich vereinbart: Das Bündnis für
Dachau wird in einem Jahr wieder zusammen mit der KZ-Gedenkstätte-Dachau den
möglichen Fortgang bei einem weiteren Themenabend dokumentieren.
Resumee
Das Bündnis für Dachau, das sich betont für die
Verantwortung Dachaus als Lernort für zukünftige Generationen einsetzt, richtet
den Blick weiter:
Eine Erweiterung der KZ-Gedenkstätte um den „Kräutergarten“
würde eine Veränderung des Bildes des KZs in der Bevölkerung und auch bei den
Besuchern erzwingen. Es würde deutlich zeigen, dass es nicht den
abgeschlossenen Raum Konzentrationslager gab, sondern ein System, das sehr
verzweigt war und weit in die zivile Welt hineinreichte.
Wer die wahre Dimension des KZ’-Dachau und seine Bedeutung für den NS-Staat
ermessen will, muss die „Plantage“ mitdenken.
Das Bündnis für Dachau setzt sich für ein würdiges Gedenken
ein, das diese ehemalige „Plantage“ fordert. In dem Bewusstsein, dass jede
Herangehensweise vom Zeitgeist geprägt ist und bei jeder Art von Sanierung und
Rekonstruktion auch Geschichte gestaltet wird, hält das Bündnis eine Mischung
von Lernort und angemessener Nutzung der Gebäude und Freiflächen für
erstrebenswert. Wichtig ist, dass eine Entscheidung hierfür bald getroffen
wird, damit eine Sanierung einzelner Gebäude noch möglich ist. An der
Entscheidung über die Neugestaltung sollten die ehemaligen Häftlinge, die
Gedenkstätte, die zum Thema engagierten Institutionen und Vereine, die Bürger
und die Stadt Dachau als Eigentümer zusammenarbeiten.
Mike Berwanger, Sprecher des Bündnis’