Die Fraktionen im Dachauer Stadtrat sind angesichts der derzeitigen Corona Situation überein gekommen, dass dieses Jahr keine Haushaltsreden gehalten werde. Damit soll die diesjährige Haushaltssitzung so kurz wie möglich gehalten werden. Aus diesem Grund gibt es unsere Rede entsprechend Online.
Sehr
geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung und
der Presse,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger !
Es dürfte jetzt keine Überraschung sein und deshalb gleich vorab:
Die Fraktion des Bündnis für Dachau / Die PARTEI
stimmt dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2021 zu. Schon die vielen Jahre zuvor
waren die Haushalte von absoluten Notwendigkeiten geprägt. Dadurch konnte der
Schuldenstand auf fast Null gedrückt werden und die Rücklagen auf einen
historischen Höchststand anwachsen. Doch dieses Jahr müssen wir noch weiter
gehen. Dazu später mehr.
2020 war
ein einzigartiges Jahr. Natürlich war es schon von Anfang an besonders, weil
die Kommunalwahl anstand. Natürlich ist das intensiver – die
Auseinandersetzungen werden schärfer, Argumente werden populistischer. Doch
dieses Jahr war nochmal anders – statt mit Argumenten zu überzeugen, hat die
CSU einen Lagerwahlkampf ausgerufen. Der OB Florian Hartmann wurde als „links –
sozialisiert“ betitelt (wie das bei den katholischen Ministranten passieren
konnte, ist mir ein Rätsel), der zweite Bürgermeister Kai Kühnel als „linker
Strippenzieher“ bezeichnet – andere Mitbewerber haben ähnliche Töne
angeschlagen. Was auf Facebook geschrieben wurde, möchte ich hier nicht wiederholen.
Ja, so etwas hat es noch nie gegeben
und ich denke, wir werden vergeblich auf Entschuldigungen dazu warten.
Mit der Kommunalwahl bricht die erste
Corona Welle über das Land herein. Der erste Lockdown legt das öffentliche
Leben fast komplett lahm und die Wirtschaftsaussichten rutschen in den Keller. Die
Ereignisse machen die Stadtratsarbeit nicht einfacher. Weiter werden öffentlich populistische Parolen verbreitet. Die
Verlierer und Gewinner müssen sich erst neu sortieren. Die fehlenden
persönlichen Gespräche führen zu Missverständnissen und Differenzen.
Wir wünschen uns hier eine Rückkehr zur
konstruktiven Stadtratsarbeit.
Zur Lage des Haushalts:
Die Corona Krise hat massiv
zugeschlagen. Steuereinnahmen sind stark eingebrochen. Wir werden viele freiwillige Leistungen
im Bereich Sport und Kultur streichen und wichtige Investitionen verschieben
oder sogar aufgeben müssen.
Doch Dachau steht vergleichsweise
noch gut da.
Und doch: der Investitionsstau ist gewaltig. Schulen müssen ausgebaut, eine neue Grundschule
gebaut und die Zahl
der Kindertagesstätten weiter
aufgestockt werden. Dazu kommt der notwendige Ausbau
der Sportinfrastruktur, der in der Vergangenheit zumeist in Sackgassen endete.
Das alles wird unsere zukünftigen
Haushalte erheblich belasten - und dabei
haben wir die schlimmsten und unsinnigsten Brocken (Nord-Ostumfahrung, Turbokreisel an der Alten-Römer
Straße, Bahnhofsparkgarage) bereits in den letzten Jahren verhindert.
Klar werden unsere politischen
Mitbewerber wie jedes Jahr monieren, dass schlecht gewirtschaftet und zu viel
Personal in der Verwaltung aufgebaut wird.
Doch wir haben ein strukturelles
Problem, das Corona wie ein
Brandbeschleuniger zugespitzt hat:
Die Kosten für den ungebremsten Zuzug
überrollen uns. Die Kosten für unsere Kinderbetreuung steigen überproportional.
Das gleiche gilt für die Kreisumlage
– 48%, 49%, 49,99% (das ist das Ende der Fahnenstange, weil 50 % rechtlich
nicht mehr möglich ist)
Diese Belastung werden wir, wie viele
andere Kommunen, nicht mehr lange durchhalten. Wenn es hierfür keine Lösung gibt,
werden wir in Zukunft keine Sport- und keine Kulturförderung mehr anbieten
können.
Sicherlich müssen wir die
Einnahmenseite stärken. Hier müssen wir vor Allem an zwei Stellen ansetzen:
Zum Einen: Die Gewerbesteuereinnahmen müssen gesteigert
werden – auch wenn diese
in den letzten sechs Jahren schon erhöht werden konnten. Dazu wurden bereits in den
letzten Jahren mit den Seeber Gelände und dem Südlichen Gewerbegebiet Ost
wichtige Weichen gestellt.
Wir müssen aber auch alle Möglichkeiten
auf dem ehemaligen MD Gelände aktivieren – das Bündnis hat dafür schon immer
gekämpft und wird das weiter tun, und außerdem eine Umkehr der
früheren Fehlentwicklungen am Schwarzen Graben angehen – denn Parkplätze
an Einkaufzentren liefern keine Gewerbesteuer! – Das Bündnis hat dazu einen
Antrag gestellt!
Zum Anderen: Das Kinderbetreuungsdefizit
muss reduziert werden. Der Schlüssel dazu kann nur eine kostendeckende
Gebührenerhebung sein. Das wird sicherlich ein schmerzhafter Prozess, aber wenn
Bund und Land die Verantwortung für die Finanzierung nicht übernehmen, werden
wir keine andere Wahl haben.
Was außerdem getan werden muss:
Corona bestimmt derzeit alle unsere
Lebensbereiche und fordert unsere Solidarität mit denen, die es am heftigsten
trifft – den Künstlern, Gastronomen und Einzelhändlern. „Dachau handelt“ hat
gezeigt, dass wir als Stadtgesellschaft zusammen stehen können – das macht Mut
für die Zukunft.
Corona verschwindet hoffentlich bald.
Doch die wesentliche größere Krise – die Klimakrise – bleibt!
Wir werden daher noch mehr tun
müssen – wir werden die Stadt noch lebenswerter - aber auch klimafester - machen
müssen.
Wir werden den ÖPNV stärken müssen –
mit der Einführung des 10- Min -Takts und den neuen super leisen Erdgasbussen
haben wir einen großen Schritt getan. Und das ganz ohne Mehrkosten, wie von
manchen befürchtet. Den bereits etablierten Busverkehr bis 24 Uhr muss man da fast nicht mehr
erwähnen. Und gerade eben wurde der neue Busbahnhof auf den Weg gebracht.
Wir müssen unser Radverkehrskonzept
weiter fortführen. Dabei
können und sollen wir uns momentan nur auf solche Maßnahmen konzentrieren, die wenig kosten und viel bringen. Radschutzstreifen
und Fahrradstraßen an geeigneten Stellen sind hier die Mittel der Wahl.
Die öffentlichen Flächen müssen
gerechter genutzt werden. Mehr Freischankflächen, mehr Grün, mehr
Parkraumbewirtschaftung, mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer. Auch eine neue
Stellplatzsatzung wird hier einen erheblichen Einfluss nehmen.
Wir müssen mehr Erneuerbare Energien
in die Stadt bringen. Trotz der höchst fragwürdigen gesetzlichen Regelungen auf
Bundes- und Landesebene ist es wichtig, an unserem Ziel einer hundertprozentigen CO²
neutralen Energieversorgung festzuhalten. Unsere Stadtwerke sind dazu der
Schlüssel.
Wir sind derzeit von der Corona-Krise
gebeutelt, aber wir können trotzdem weiter an unserer Stadt bauen. Wie gesagt
wünschen wir uns, dass alle Stadträte hier konstruktiv mitarbeiten. Das Bündnis
ist dafür offen.
Wie eingangs erwähnt, stimmt die
Fraktion des Bündnis für Dachau / Die PARTEI dem Haushalt 2021 zu.
Wir bedanken uns bei der Verwaltung für die gewohnt offene und transparente
Darlegung der Grundlagen und die Ausarbeitung.
Wir wünschen allen Bürgerinnen und Bürgern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, den Kolleginnen und Kollegen des
Stadtrates, unserem Oberbürgermeister und den Vertretern der Dachauer Medien
ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr.
Vielen Dank.
Fraktionsvorsitzender
Bündnis für Dachau / Die PARTEI