Samstag, 9. Mai 2020

BÜNDNIS IM KREISTAG - BERICHT ÜBER DIE KONSTITUIERENDE SITZUNG

Der auf 70 Kreisrät*innen plus Landrat angewachsene Dachauer Kreistag fand sich am 8.Mai zur konstituierenden Sitzung im Bürgerhaus Karlsfeld ein - wie in diesen Zeiten üblich mit Abstand und Mundschutz.

Nach der Vereidigung von insgesamt 39 neuen Kreisrät*innen - darunter Lena Wirthmüller für das Bündnis für Dachau - wurde Peter Heller als Nachrücker für Kai Kühnel auch noch direkt vereidigt, und wir konnten in neuer und voller Besetzung in die erste Sitzung starten.




Bei der Wahl des Stellvertreters des Landrats setzte sich Helmut Zech (CSU) gegen Marese Hoffmann (Grüne) durch. Als weitere Stellvertreterinnen des Landrats wurden im Folgenden einstimmig Marese Hoffmann, Marianne Klaffki (SPD) und Martina Purkhardt (Freie Wähler Landkreis) benannt.

Der nächste Punkt der Tagesordnung war durchaus strittig und lies uns im Ergebnis dann auch etwas ratlos zurück.

Bei der Festlegung der Modalitäten zur Besetzung der Ausschüsse des Kreistags und weiterer Gremien standen drei Verfahren zur Auswahl:

- Hare-Niemeyer (das bisher im Kreistag angewendet wurde)
- d'Hondt, wobei im Falle einer unzulässigen sog. Überkompensation bei den davon betroffenen Ausschüssen/Besetzungen im Einzelfall auf das Verfahren nach Hare-Niemeyer zurückzugreifen ist (dazu unten mehr)
- Sainte-Laguë/Schepers (das z.B. bei den bay. Kommunalwahlen angewendet wird)
Bereits im Vorfeld hatte sich herumgesprochen, dass CSU, FW Landkreis und SPD gemeinsam das Verfahren d'Hondt durchsetzten wollten (dazu hatten wir bereits in der Presse Stellung genommen). Zum Verständnis: Wir können mit unseren zwei Sitzen unabhängig vom Verfahren ohnehin nur mithilfe einer Ausschussgemeinschaft einen Sitz in einem Ausschuss erhalten, haben uns aber dennoch entschieden, dass wir uns für die beiden aus unserer Sicht deutlich demokratischeren Verfahren einsetzen werden.


Peter Heller ergriff daher das Wort für diese die Minderheiten begünstigenden Verfahren. Es folgten in dieselbe Richtung zielende Wortmeldungen von Jonny Westermeier (Linke/Die Partei), Leonhard Mösl (ÖDP), Sebastian Leiß (FW Dachau) und Roderich Zauscher (Grüne).

Für das Verfahren d'Hondt sprach sich niemand aus - es gab dazu keine Wortmeldung von CSU, FW Landkreis oder SPD. Es wurde daher kein einziger angeblicher Vorteil dieses Verfahrens genannt. Bei der folgenden Abstimmung fand d'Hondt dann aber genau von den Genannten eine Mehrheit (43:28) - leider kommentarlos und auch im Ergebnis schade.


Hier noch die Wortmeldung von Peter Heller (ungefährer Wortlaut):

"Um ein Wort aus der Vorstellung zum Stellvertreter des Landrats zu zitieren (Zech, CSU), könnte man in Bezug auf das Verfahren zur Bestimmung der Ausschusssitze sagen: Wir bleiben bei dem "alten Guten", das wäre nach der bisherigen Geschäftsordnung Hare-Niemeyer, anstatt das "neue Schlechte" zu wählen. Das wäre nämlich das Verfahren nach d'Hondt, von dem wir hören, dass es in Betracht gezogen wird. Eigentlich wäre dieses Verfahren sogar das ganz alte Schlechte, denn es wurde für den Bundestag schon 1985 abgeschafft, weil es große Parteien zu sehr bevorzugt.

Zwar begünstigen andererseits Hare-Niemeyer oder Sainte-Laguë/Schepers die Minderheitsparteien. Aber das ist auch gut so. Vor rund 25 Jahren bei der Einführung der kommunalen Bürgerentscheide in Bayern wurden Ängste an die Wand gemalt, wonach "Minderheiten Mehrheiten dominieren" könnten. Nichts davon ist geschehen, die demokratische Kultur wurde vielmehr bereichert.

Unsere Demokratie wurde auch heute schon mehrfach erwähnt. Und allgemein gesprochen befördert die Einbeziehung von Minderheiten den demokratischen Prozess. Dieser Satz stammt nicht von mir, sondern aus der Feder des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes.


In der Presse stand zu lesen (LR Löwl, CSU), das Verfahren nach d'Hondt würde dazu beitragen, die Arbeitsfähigkeit in den Ausschüssen zu erhalten. Dieses Argument ist, mit Verlaub, bei der Größe der Ausschüsse abwegig. Und auch wenn das Verfahren nach d'Hondt rechtmäßig zu sein scheint, sollte man nicht dieses, sondern eines der beiden anderen Verfahren zugunsten der Minderheitsgruppierungen wählen.

Anders formuliert: Nicht alles, was rechtmäßig ist, ist auch demokratisch!"


Wir haben dann noch Lena Wirthmüller und Peter Heller als Sprecher*innen des Bündnis für Dachau im Kreistag benannt (dort sind "Doppelspitzen" möglich und erwünscht, sofern eine Frau dabei ist) - und nach zwei Stunden war die Sitzung dann auch schon vorbei.

Wie geht es nun weiter?


Nächste Woche gibt es ein Abstimmungstreffen aller Sprecher*innen der Parteien und Wählergemeinschaften und schon am Freitag 15.5. findet die nächste Sitzung des Kreistags statt. Auf der Agenda stehen dann u.A. die Geschäftsordnung des Landkreises und die Bestellung der Mitglieder für Ausschüsse und Gremien. Das heißt für uns: Viele Gespräche und Überlegungen, z.B. zur Bildung von Ausschussgemeinschaften. Denn in den Ausschüssen findet ein Großteil der politischen Arbeit statt.


Wir halten Euch auf dem Laufenden!


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